Grundlagen Wärmebildkameras
Der Einsatz von Wärmebildkameras kann für uns Wildlife Fotografen Vorteile bringen. Doch ich muss von Anfang an sagen, dass eine Wärmebildkamera kein Game-Changer sein wird! Es wird ein Hilfsmittel für uns Fotografen werden und bleiben.
Schauen wir doch einmal in die Details. Die Wärmebildtechnik wird extrem im Bereich der Jagd gepushed. Warum und weshalb? Diese Technik dient der Sichtung von Wärmequellen jeglicher Art und man muss sich mit dem Thema eine Zeit beschäftigen um die entstandenen Bilder und Videos bewerten zu können.
Damit Du diese Grundlagen verstehen kannst, müssen wir uns mit der Technik an sich auseinander setzen.
Technik des Kamerasystems
Eine Wärmebildkamera bestehen aus vier zentralen Elementen. Die Eingabe-, die Verarbeitungs-, die Speicher- und die Ausgabeeinheit/en.
Eingabe
Tasten und Menüs
Alle Elemente an der Kamera, die Befehle oder Werte aufnehmen, werden als Eingabeeinheit/en betrachtet. Dazu zählen die Tasten zur Bedienung, aber auch der Sensor, der als zentrales Element die Wärmestrahlung aufnehmen kann.
Wie schon beschrieben, ist jede dieser Kameras mit Tasten zur Bedienung ausgestattet. Die Bedienung und die verschiedenen Einstellmöglichkeiten sind von Herstellern und dem Bedienkonzept der Hersteller abhängig. Es gibt Hersteller, bei denen die Menüs ausschließlich über Tasten zu bedienen sind und andere, die einen Joy-Stick für die Bedienung anbieten. Damit Du mit Deiner Wärmebildkamera warm wirst, solltest Du diese am Anfang so oft wie möglich nutzen und Dich ausgiebig mit dem Menü/ den Menüs vertraut machen.
Bitte sieh es mir nach, dass ich nicht auf jeden Hersteller und deren Besonderheiten eingehen kann. Das würde den Rahmen meines Projekts sprengen.
Der Sensor
Der Sensor ist das zentrale Element einer Wärmebildkamera. Zum Einsatz kommen sogenannte Microbolometer. Diese Sensoren werden in einem Halbleiterherstellungsprozess ähnlich wie Prozessoren oder andere Halbleiter hergestellt. Die Prozeduren die hinter der Herstellung von Halbleitern stecken, sind langwierig und benötigen höchste Präzision. Doch der Sensor der Wärmebildgeräte ist an physikalische Gesetze gebunden.
Schauen wir uns einmal eine Grafik an, die uns darstellt, aus welchen Frequenzen sich unser “Licht” zusammensetzt.
Das für uns Menschen sichtbare Licht, macht einen Bruchteil des Lichts aus, welches unsere Erde erreicht. Der Begriff “Licht” beschreibt ein Spektrum von verschiedenen Frequenzen, die wir als Licht wahrnehmen. Wenn wir technisch von Frequenzen sprechen, betrachten wir dies in Sinus-förmigen Wellen. Jeder Frequenz kann eine Wellenlänge zugeordnet werden.
Prinzipiell müssen wir (rein physikalisch) von Strahlung sprechen. Doch wie Du an dem Diagram oben sehen kannst, gibt es mehr als das für uns sichtbare Licht. Es gibt im blauen Bereich des Spektrums, den UV-Bereich (die ultraviolette Strahlung). Eine Strahlung die wir nicht wahrnehmen können, die aber in hoher Konzentration, unsere Augen schädigen und Hautkrebs erzeugen kann. Doch es gibt auch den roten Bereich, zur rechten Seite. In diesem Bereich spricht man von der Infrarotstrahlung.
Vor 150 Jahren haben zwei Wissenschaftler (Stefan und Boltzmann) entdeckt, dass alle Körper Energie in Form von Lichtwellen ausstrahlen. Max Planck hat um 1900 beschrieben, wie dieses Phänomen zu Stande kommt. Die Erdatmosphäre bildet dabei einen natürlichen Filter, der nur drei Frequenzbereiche durchlässt. Dies sind:
SWIR = Short-Wafe-Length Infrared (Wellenlänge 0.9 - 1,7um)
MWIR = Mid-Wafe-Lenght Infrared (Wellenlänge 3 - 5um)
LWIR = Long-Wafe-Length Infrared (Wellenlänge 7 - 14um)
Die Microbolometer, die heutzutage für den Einsatz für Jagd zum Einsatz kommen, basieren alle auf ungekühlten Sensoren im LWIR-Bereich. Auf der Sensorfläche sind in einem Array “wärmeabhängige” Widerstände verteilt. Jeder Widerstand bildet ein Pixel dieser Sensoren. Der Aufbau dieser Widerstände ist wie folgt aufgebaut:
Zentral auf dem Pixel sitzt ein wärmeabhängiger Widerstand. An diesem Widerstand liegt eine Spannung an. Der Widerstand verändert, abhängig von der eintreffenden Energie und bedingten Erwärmung, seinen Wert. Die abfallende Spannung wird kontinuierlich von einem Analog-Digital-Wandler (ADC) überwacht und in digitale Werte gewandelt. Dies passiert also bei allen Pixeln, die auf diesem Chip untergebracht sind.
Die Sensoren der neusten Generation werden in einer 12um Technologie gefertigt. Da wir in einem Wellenlängenbereich von 7-14um die eintreffende Energie bestmöglich aufnehmen und messen wollen erscheint die 12um Fertigungstechnologie für die Sensoren aktuell als technisches Limit. Doch wer weiß ob sich dies im Wandel der Technik nicht noch verändert. Die Oberfläche eines solchen Sensor-Chip, sieht wie folgt aus:
Diese Darstellung zeigt ein “BAE SYSTEMS Uncooled microbolometer 640x480 Focal Plane Array”. In Vergangenheit waren Sensor mit 256x192 Pixel oder sogar weniger, Stand der Technik. Mittlerweile werden Sensoren mit 640x512 Pixel als Standard anerkannt. Sensoren mit HD-Auflösung sind am Markt verfügbar, doch diese kosten aktuell noch extrem viel und sind daher noch in wenigen Produkten verfügbar. Jedes Pixel steht für eine gemessene Temperatur!
NETD
Wenn Du Dir verschiedene Wärmebildgeräte anschaust, wirst Du immer über den sogenannten “NETD” stolpern. Der Noise Equivalent Temperature Difference ist eine Kennzahl, die die thermische Empfindlichkeit einer Wärmebildkamera beschreibt. Dieser Wert definiert die kleinsten thermischen Unterschiede, die von einem Microbolometer gemessen werden können. Dieser Wert wird in “mK” (Milli-Kelvin) definiert. Rein physikalisch entspricht ein Kelvin, einem Grad-Celsius (°C). Daher sind diese Einheiten vollkommen gleichgestellt. Nun kann man Geräte mit Sensoren und einem NETD von >40mK, oder meinem einem NETD <18mK erstehen. Welche von diesen Sensoren sind sensibler und werden uns ein besseres Erlebnis bieten?
Ich möchte es Dir einmal anhand eines anderen Beispiel darstellen. Wir haben ein Messgerät, welches Temperaturen ausschließlich in 4°C Schritten (-4°C, 0°C, 4°C, 8°C, usw.) und eins welches Temperaturen in 1,8°C Schritten (-1,8°C, 0°C, 1,8°C, 3,6°C, 5,4°C usw.) darstellen kann. Nun haben wir einen Kochtopf, der Wasser mit 38,2°C Wassertemperatur beinhaltet. Welches Messgerät wird die bestmögliche Temperatur messen?
Bei dem Messgerät mit 4°C Messinkremente wird entweder 36°C oder 40°C angezeigt (Toleranzen eingerechnet). Sollten wird das Messgerät mit 1,8°C Messinkremente verwenden, werden wir auf Werte von 37,8°C oder 39,6°C kommen. Welcher Messwert ist nun genauer?
Ich hoffe ich konnte Dir klar machen, dass ein niedriger NETD immer von Vorteil sein wird. Doch Du musst Dir auch darüber im klaren sein, dass die höhere Empfindlichkeit mit einem höheren Preis zu erkaufen ist.
Verarbeitung
Nun benötigt eine Wärmebildkamera, eine Möglichkeit die ganzen Daten zu verarbeiten. Dies erfolgt in einem Prozessor, der jeden einzelnen Wert, jedes vorhandenen Pixel aus dem Sensor ausließt. Bei einem 256x192 Pixel Sensor sprechen wir von ca. 50.000 einzelnen Werten, doch bei einem 640x512 Pixel großen Sensor kommen schon 330.000 einzelne Werte. Das bedeutet, dass unterschiedliche Anforderungen an die Prozessoren und Sensoren bestehen. Warum?
Naja, der Prozessor für eine Kamera mit 640x512 Pixel muss in der Lage sein, diese Datenmenge in gleicher Zeit, wie für einen 256x192 Pixel Sensor zu verarbeiten. Prinzipiell kann unser Auge Bilder mit einer Wiederholfrequenz von 25Hz als flüssig wahrnehmen, doch ihr solltet darauf achten, dass die Bildwiederholfrequenz bei mindestens 50Hz liegt. Dies läßt Bilder stabiler und sauberer erscheinen. Günstige Geräte haben oft 25Hz. Also immer die Technischen Daten lesen bevor Du ein Gerät kaufst.
Okay, der Prozessor muss 50 mal pro Sekunde (50Hz) das Bild erneuern. Also 50 mal die Sekunde 330.000 einzelne Werte lesen und entsprechend zu einem Bild verarbeiten. Wow… 50 mal in der Sekunde. Moment, wie schnell muss der dann sein? 1Sek/ 50 = 0,02 Sek = 20ms (Milli-Sekunden). Um dem Prozessor noch Zeit für die Verarbeitung geben zu können, muss alle 0,4us (0,4 Micro-Sekunden = 400 Nano-Sekunden) ein Pixel des Sensor gelesen werden, damit nach 20ms ein neues Bild auf dem Monitor zur Verfügung steht.
Doch wie entsteht nun ein Bild aus den gelesenen Temperaturen? Nehmen wir mal an, die höchste gemessene Temperatur liegt bei 37°C (Körpertemperatur) und die niedrigste liegt bei 21°C (Umgebungstemperatur). Dann macht der Prozessor sich diese Darstellung einfach. Er nimmt eine Tabelle, die im Speicher hinterlegt wurde. Der höchste gemessene Wert (wie im Beispiel 37°C) wird z.B. reinem Schwarz und der niedrigste Wert (w.i.B. 21°C) reinem Weiß zugeordnet. Alle Temperaturen dazwischen werden nun, je nach Temperaturdifferenz, zwischen Weiß und Schwarz Tönen eingeteilt. Diese werden in der Regel in Graustufen dargestellt.
Natürlich kann eine solche Tabelle beliebige Farben beinhalten, von Grün-Schwarz, Rot-Schwarz, … über viele weitere Farben. Viele der Wärmebildkameras haben auch einen oder mehrere Modus in denen das Bild sehr farbig dargestellt wird.
Ausgabe
Die Bilder, die nun vom Prozessor aufgebaut wurden, liegen im Speicher des Prozessor und werden Pixel für Pixel in den Speicher des Displays geschoben. Drückst Du nun den Button für ein Foto, speichert der Prozessor dieses gleiche Bild auch noch in den internen Flash-Speicher.
Wenn Du nun das Wärmebildgerät für Deine Beobachtung einsetzt, werden im Rhythmus von 20ms immer wieder neue Bilder in den Speicher geschrieben, dann auf das Display und evtl. auch noch in den Flashspeicher. Du merkst, der Prozessor muss viel leisten. Doch ist das die einzige Ausgabe die Möglich gemacht wird? Nein… Lange nicht, wir haben noch die USB-Schnittstelle, doch dann wird das Wärmebildgerät in der Regel wie ein Massenspeicher gesehen. Oder wir können oft noch Bluetooth nutzen um unser Gerät mit einer App zu verbinden.
Lesen der Bilder
Nach dem ganzen Fachchinesisch kommen wir nun zu den Bildern. Damit wir die Zusammenhänge verstehen, ist es wichtig, dass Du das Thema NETD verstanden hast.
Wärmebild eines Igel (TOPDON TS004: Sensor mit NETD >40mK)
Doch kannst Du auf den folgenden Bild noch den Rehbock erkennen?
Das Bild des Igel und Rehbock wurde mit einem Sensor von 256x192 Pixeln aufgenommen.
Bei dem Bild von dem Igel, kannst Du jedes einzelne Pixel erkennen. Jedes Pixel steht für einen Temperaturwert, der die Körpertemperatur des Igels darstellt. Alles andere um ihn herum, kann sich nicht abgrenzen, da die Umgebungstemperatur alles in einen Einheitsbrei zusammenfließen läßt. Kleine Unterschiede werden ersichtlich, diese stellen Strukturen wie Mauern usw. dar. Doch man kann anhand des NETD von >40mK erkennen, dass es schwierig wird kleinste bzw. feinste Strukturen zu unterscheiden.
Wildschweine (PIXFRA Sirius 650D)
Nun ein Bild, welches mit einem Gerät aufgenommen wurde, welches einen 640x512 Pixel Sensor mit einem NETD <18mK besitzt. Die höhere Auflösung des Sensor spiegelt sich in der Auflösung und den Details der Bilder wieder. Doch auch die Differenzen die durch den deutlich geringeren NETD dargestellt werden, lassen viele Details durchblicken. Dies kommt Jägern deutlich zu Gute. Diese müssen das Geschlecht bestimmen können. Bei einer Sau kann man mit dieser feinen Auflösung den Pinsel sehr gut sehen.
Reh (PIXFRA Sirius 650D)
Das nächste Bild eines Rehs zeigt Dir noch einmal deutlicher den Unterschied zwischen den beiden Wärmebildkameras. Wohingegen, du bei dem Igel kaum Strukturen rund herum wahrnehmen kannst, kannst Du auf diesem Bild, jeden Ast, jedes Blatt und jeden Stein erkennen.
Info
Die Bilder von dem PIXFRA Sirius 650D habe ich mit freundlicher Unterstützung von Fa. Bresser erhalten. Fa. Bresser ist der Generalvertrieb in Deutschland für die Geräte von PIXFRA. Natürlich kannst Du auch Geräte von Zeiss, Infiray, Pulsar, Guide, Hikmicro, Thermtec oder Nocpix einsetzen. Das Gerät der Firma TOPDON habe ich selbst erstanden. Trotz Anfragen und langer Kommunikation mit den Firmen, habe ich keine Geräte zum testen erhalten und kann Dir daher leider keinen Erfahrungsbericht abliefern.
Falls Du nun Fragen haben solltest, stehe ich Dir gerne zur Verfügung!! ;)
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